EU-Gipfel berät Zukunftsfragen Barroso muss überzeugen

Stand: 18.06.2009 13:11 Uhr

EU-Kommissionspräsident Barroso trommelt derzeit kräftig für eine zweite Amtszeit. Er hofft, dass die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Gipfel sein Begehren gutheißen. Außerdem geht es in Brüssel erneut um die Zukunft des Reformvertrags von Lissabon.

Von Irmtraud Richardson, BR-Hörfunkstudio Brüssel

Angela Merkel krempelte die Ärmel hoch: "Ok, jetzt werden wir arbeiten gehen", kündigte sie vor wenigen Tagen beim Treffen mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, an. Der Europäische Rat müsse vorbereitet werden. 

Und in der Tat: Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich viel vorgenommen für dieses Gipfeltreffen, knapp zwei Wochen nach der Europawahl. Das Arbeitspensum ist enorm. "Wir müssen unser Haus in Ordnung bringen, da gibt es viel zu tun", drängt denn auch Barroso.

Nachbesserungen für Irland

Und als Erstes muss aufgeräumt werden beim Lissabon Vertrag, dem Reformvertrag, der - wenn er einmal in Kraft ist - garantieren soll, dass die Europäische Union künftig besser funktioniert, demokratischer,  zum Beispiel mit mehr Rechten fürs Europaparlament. 

Dieser Vertrag hängt noch immer in der Schwebe, weil er in Irland in einer Volksabstimmung mit Mehrheit abgelehnt wurde. Die Juristen in Brüssel haben in den letzten Monaten nachgebessert, einen Vertragsanhang entworfen, in dem auf einzelne irische Vorbehalte eingegangen wird, was zum Beispiel die Steuerpolitik und die Neutralität des Landes angeht.

Hauptsache neues Referendum

Damit soll den Iren ein goldene Brücke gebaut werden, damit sie dann in einem zweiten Referendum mit Ja stimmen können. Deshalb werden die Chefs in Brüssel laut Merkel vor allem über die Frage diskutieren, welche Dinge politisch jetzt verbindlich mit Irland verabredet werden können, damit in Irland ein zweites Referendum stattfinden kann.

Alle hoffen, dass der irische Premier Brian Cowen bei diesem Gipfeltreffen ein definitives Datum für die zweite Volksabstimmung bekannt geben wird. Damit wäre dann eine erste Hürde auf dem Weg zum Inkrafttreten des Reformvertrags genommen.

Personalfrage auf der Tagesordnung

Die Staats- und Regierungschef werden auch über den Klimaschutz diskutieren und die geplante Reform der Finanzaufsicht in Europa. Und über eine Frage, die in den letzten Tagen bereits zu heftigen Diskussionen geführt hat. Soll Barroso für eine zweite Amtszeit als Präsident der Europäischen Kommission nominiert werden? Ja, meint die Bundeskanzlerin und betont, dass sie ihre Sympathie für Barroso schon zum Ausdruck gebracht habe, daran habe sich nichts geändert.

Nein, meinen dagegen die Grünen im Europäischen Parlament, die großen Gewinner bei der letzten Europawahl. Daniel Cohn Bendit, der Star der Grünen in Europa, erklärt, warum er eine Wiederwahl des amtierenden Kommissionspräsidenten ablehnt. Er sei gegen Barroso, weil dieser in den zurückliegenden Jahren die Europäische Kommission zum Generalsekretariat der großen Staaten degradiert habe.

Die Grünen bekommen bereits Unterstützung von einigen Sozialdemokraten im Parlament, allen voran Martin Schulz, ehemals Fraktionsvorsitzender der Sozialistischen Fraktion im Europaparlament und Spitzenkandidat der SPD im zurückliegenden Europawahlkampf. Selbst in den Reihen der bürgerlichen und christdemokratischen Parteien wird Kritik am Verfahren laut. Sympathie allein garantiert nicht die Wiederwahl. Barroso muss überzeugen.