EU-Drogenbericht 2007 Kokain-Konsum steigt dramatisch an

Stand: 22.11.2007 15:38 Uhr

Der Drogenkonsum in Europa hat sich stark verändert. Das berichtet die Europäische Drogenbeobachtungsstelle in ihrem Jahresbericht. Der Cannabis-Boom scheint nachzulassen, dafür wird Kokain immer beliebter. "Erschreckend", urteilen die EU-Drogenbeobachter.

Kokain ist in Europa auf dem Vormarsch. Erfolge im Kampf gegen Drogen werden durch einen deutlich gestiegenen Kokain-Konsum und die nach wie vor hohe Zahl der Suchttoten getrübt, schreibt die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) in ihrem Jahresbericht. Demnach hat Kokain Ecstasy und Amphetaminen den Rang als zweithäufigste Droge in der EU abgelaufen. Auf Platz Nummer eins steht nach wie vor Cannabis.

Beim Kokain-Konsum zeige sich ein "erschreckendes Bild", sagte EBDD-Direktor Wolfgang Götz. Kokain sei in den Augen der Nutzer der "aufsteigende Stern" unter den Drogen, heißt es in dem Bericht. Zu der Droge griffen demnach in den vergangenen zwölf Monaten 4,5 Millionen Europäer, eine Million mehr als im Vorjahr. Das entspräche knapp einem Prozent der Bevölkerung. Insbesondere in Dänemark und Italien habe der Gebrauch deutlich zugenommen, heißt es weiter.

Nicht mehr nur Schickeria-Drogen

Dieser Anstieg ist laut Götz zum einen darauf zurückzuführen, dass mangelhafte Daten bislang zu einer zu niedrigen Schätzung geführt hätten. Kokain werde aber inzwischen nicht nur von der Schickeria, sondern in breiten Teilen der Bevölkerung genommen. Das größte Problem bleibe jedoch der Mischkonsum. Oft werde Kokain zusätzlich zu Alkohol oder Heroin eingenommen. Auch beim Ausprobieren von Drogen ist Alkohol laut Götz fast immer dabei: "Wenn Alkohol heute erfunden würde, würde er mit Sicherheit verboten."

Am weitesten verbreitet ist in der EU aber nach wie vor Cannabis. Dem Bericht zufolge konsumieren rund drei Millionen Europäer das Rauschmittel "möglicherweise täglich oder fast täglich". Fast ein Viertel der Erwachsenen habe mindestens einmal Cannabis probiert. Bei jüngeren Menschen unter anderem in Deutschland stellte die Drogenstelle aber Anzeichen dafür fest, dass die Beliebtheit sinkt. In Spanien, Tschechien, Frankreich, Italien und Großbritannien ist Cannabis dagegen immer noch Haupt-Modedroge: In Spanien konsumierten im vergangenen Jahr ein Fünftel der 15- bis 34-Jährigen Haschisch oder Marihuana.

Die Zahl der Drogentoten bleibt nach Einschätzung der Autoren auf unverändert hohem Niveau. Die Beobachtungsstelle schätzt ihre Zahl auf 7000 bis 8000 jährlich. In Deutschland war die Zahl der Suchttoten zuletzt rückläufig: Im Zeitraum 2000 bis 2005 sank sie von 2030 auf zuletzt 1329 jährlich.

"Weit von einer Lösung entfernt"

"Wir sind sehr weit von irgendeiner Lösung des Drogenproblems entfernt", betonte Götz. Er sei aber "vorsichtig optimistisch", weil die Nutzerzahlen bei Heroin und Cannabis erstmals nicht weiter gestiegen seien und zum Teil zurückgingen. Der jahrelange Trend eines permanenten Anstiegs des Cannabis-Konsums scheine gebrochen.

Sorgen bereiten ihm aber die drei Millionen Europäer, die fast täglich einen Joint rauchen. "Da haben wir ein Suchtpotenzial, das vor 10, 20 Jahren noch gar nicht bekannt war", sagte Götz.