Digitalstrategie der EU-Kommission Welcher Link bleibt legal?

Stand: 14.09.2016 20:05 Uhr

Die EU-Kommission will Europa mit schnellem Internet und kostenlosem WLAN an öffentlichen Plätzen versorgen. Doch das ist nur ein Teil ihrer neuen Digitalstrategie. Der andere sieht vor, Verlegern online mehr Rechte einzuräumen - und das sorgt für Diskussionen.

Mit der neuen Digitalstrategie der EU-Kommission soll allen Bürgern schnelles Internet zur Verfügung stehen. Neben einem Ausbau der Netzinfrastruktur sollen lokale Behörden unterstützt werden, frei zugängliche WLAN-Hotspots in ihren Gemeinden einzurichten. "Es ist an der Zeit, dass wir uns zu einer Digital-Gesellschaft entwickeln und sicherstellen, dass alle Europäer, unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in Städten wohnen, Zugang zu qualitativ hochwertigen Internetverbindungen haben", erklärte EU-Digitalkommissar Günther Oettinger.

Urheber sollen fair bezahlt werden

Eine weiterer Punkt ist eine Anpassung des Urheberrechts an das digitale Zeitalter. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach wohl vielen Kreativen aus dem Herzen, als er in seiner Rede zur Lage der EU sagte: "Inhalte für das Internet zu erschaffen ist kein Hobby, sondern ein Beruf." Und wer das tue, egal ob Musiker, Filmemacher oder Autor, müsse fair für seine Arbeit bezahlt werden, egal wie die Inhalte verbreitet werden - also auch durch Suchmaschinen oder Blogs.

Deswegen soll das europäische Urheberrecht fit gemacht werden für das Internetzeitalter. Mit einem neuen Leistungsschutzrecht, wie Digitalkommissar Günther Oettinger erklärt: "Wir wollen Piraterie verhindern und wir wollen die Online-Plattformen in die Verantwortung bringen, von dem, was sie durch Werbung im großen Umfang verdienen, einen fairen Anteil an Verlage und Kreativschaffende weiterzugeben."

Das bedeutet konkret: Urheber sollen daran verdienen, wenn ihre Artikel oder Videos von anderen verlinkt werden - denn meist wird dabei schon eine Vorschau auf das Werk angezeigt, z.B. ein Textauszug oder ein Foto. So wie es in den Suchergebnissen von Google News oder bei Einträgen auf Twitter oder Facebook zu sehen ist:

Lob von Verlegern...

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger begrüßten die Pläne. Täglich entstünden Tausende "aufwendig produzierte Artikel, die im Internet-Zeitalter aber in Sekundenschnelle von Dritten ausschnittsweise oder komplett übernommen, verwertet und vermarktet werden können." Diesen Vorgängen hätten die Verlage bisher quasi schutzlos gegenüber gestanden.

Im Vorfeld hatte es jedoch bereits viel Gegenwind von Netzaktivisten gegeben. Der Vorschlag sei "Gift für die freie Rede der Europäer, Gift für die europäische Wirtschaft und Gift für die Kreativität", beklagte Joe McNamee von der Organisation European Digital Rights. Kritiker fürchten unter anderem, dass Angebote wie Google News, die Links zu aktuellen Artikeln mit kurzen Textausschnitten sammeln, damit vom Markt verschwinden könnten. Google erklärte: "Wir glauben, es gibt einen besseren Weg." Der Schlüssel für die Zukunft der Nachrichtenbranche liege "in Innovation und Partnerschaft, nicht in lähmenden Vorschriften und verordneter Förderung".

... Kritik von Piraten

Auch die Europaabgeordnete Julia Reda kritisierte nach der Präsentation der Kommission das Vorhaben als eine "Link-Steuer", die laut den offiziellen Plänen alle User zahlen müssten. "Die Kommission betont zwar immer, dass Einzelpersonen davon ausgenommen sind. Aber das gibt der Gesetzestext nicht her. Im Gegensatz zum deutschen Leistungsschutzrecht, das nur gegen Suchmaschinen und Nachrichten-Aggregatoren anwendbar ist, ist dieses Leistungsschutzrecht gegen jeden anwendbar, der solche Textausschnitte postet. Also auch gegen private Webseitenbetreiber."

Sprich: Wer auf seinem Blog einen Link auf einen Artikel setzt, inklusive Vorschau, würde zu Kasse gebeten. Das würde laut Reda nicht nur Einzelpersonen das Leben schwer machen, sondern auch Start-Up-Unternehmen, die mit digitalen Inhalten arbeiten wollen.

Digitalkommissar Oettinger verspricht deshalb: "Ein Hyperlink wird auch in Zukunft eine Nutzung sein, die für jeden völlig kostenlos bereitsteht." Die Frage ist wohl nur: Welche Art von Link ist noch legal? Die, die nur aus einer reinen Web-Adresse besteht? Oder auch die, die mehr liefert - und damit den Anreiz, überhaupt draufzuklicken? Solche Fragen dürften noch für Diskussionen sorgen. Denn nun müssen die EU-Mitglieder und vor allem das EU-Parlament dem neuen Leistungschutzrecht zustimmen. Und das hat sich in Sachen Leistungsschutzrecht immer wieder quergestellt.

Sebastian Schöbel, S. Schöbel, ARD Brüssel, 14.09.2016 20:24 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. September 2016 um 17:00 Uhr.