EU-Datenschutzreform Von der Steinzeit ins Neuland

Stand: 15.12.2015 21:22 Uhr

20 Jahre sind in der digitalen Welt mehr als eine halbe Ewigkeit. So alt waren die europäischen Regeln zum Datenschutz. Nach vier Jahren Debatte hat die EU nun eine Reform beschlossen. Internet-Nutzer bekommen damit mehr Kontrolle über ihre Daten.

Nach heutigem Stand stammen die EU-Datenschutzregeln aus der digitalen Steinzeit. Eine Reform war mehr als überfällig. Nach mehr fast vier Jahren mitunter verbissener Debatten hat die EU diese nun beschlossen. Die Datenschutzreform gibt Internet-Nutzern mehr Rechte gegenüber Anbietern. Auch das Recht auf Vergessenwerden gehört dazu.

Allerdings wird die Umsetzung noch etwas dauern: Erst 2018 soll die neue Verordnung in Kraft treten. Dafür werden die Standards dann länderübergreifend gelten. Datenschutz-Oasen soll es somit in Europa nicht mehr geben. Zurzeit gleicht die EU mit ihren 28 Ländern in diesem Bereich eher einem Flickenteppich. So gilt beispielsweise der Datenschutz in Irland, wo unter anderem Facebook seinen Europa-Sitz hat, als weniger streng.

Besserer Datenschutz als Grundeinstellung

Nach den neuen Regeln müssen Internet-Konzerne wie Google, Facebook & Co sich die Zustimmung der Nutzer zur Datennutzung ausdrücklich einholen. Nutzer erhalten zudem das Recht, Informationen leichter wieder löschen zu lassen ("Recht auf Vergessenwerden") sowie Daten von einem Anbieter zum nächsten mitzunehmen ("Portabilität"). Ebenfalls bedeutend: Unternehmen müssen ihre Produkte mit datenschutzfreundlichen Voreinstellungen ausliefern.

Hat ein Verbraucher ein Problem mit einem Anbieter in einem anderen EU-Land, soll er sich künftig in seiner Sprache an die heimische Beschwerdestelle wenden können. Bislang war dies nicht möglich. So musste etwa der Österreicher Max Schrems in Irland gegen Facebook klagen.

Auch US-Unternehmen betroffen

An die neuen Regeln müssen sich zudem nicht nur europäische Unternehmen, sondern auch etwa US-Firmen halten. Wenn Anbieter gegen die Regeln verstoßen, drohen ihnen hohe Strafen von bis zu vier Prozent ihres Umsatzes. Der EU-Parlamentarier Axel Voss von der CDU hatte deswegen vor negativen Folgen für die Wirtschaft gewarnt: "Wir müssen aufpassen, dass dies am Ende nicht ein Hemmschuh für die europäische Industrie und Forschung wird."

Auch Branchenverbände wie DIGITALEUROPE sorgen sich um die Ausgewogenheit zwischen der Privatsphäre der Bürger und Wirtschaftsinteressen: Während eines wirtschaftlichen Aufschwungs könnten sich Europas Bürger und Unternehmen keine Verordnung erlauben, "die unnötig die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Wettbewerbsfähigkeit und Daten-getriebene Investitionen behindert". DIGITALEUROPE befürchtet, dass die Reform den Unternehmen im Vergleich zum Beispiel zu den USA zu starke Fesseln anlegt und fordert unter anderem ein "flexibles" Strafsystem.

Der Kompromiss muss noch formal vom EU-Ministerrat und dem EU-Parlament angenommen werden.