EU findet keinen neuen Datenschutzbeauftragten Hustinx kann nicht in Rente gehen

Stand: 16.01.2014 08:15 Uhr

Die NSA-Spähaffäre, bespitzelte Politiker und Privatleute - seit Monaten sind Datenschutz und Internet ein Topthema. Da überrascht es doch sehr, dass das Auswahlgremium der EU-Kommission keinen neuen Datenschutzbeauftragten findet. Amtsinhaber Hustinx hat heute eigentlich seinen letzten Arbeitstag, gehen kann er aber nicht. Woran liegt es, dass dieser wichtige Posten derzeit nicht neu besetzt werden kann?

Peter Hustinx ist ein hagerer, weißhaariger Mann mit einem gutmütigen Gesicht. Der Niederländer ist EU-Datenschutzbeauftragter - und das schon seit zehn Jahren. Nun geht sein zweites und letztes Mandat zu Ende.

Heute wäre eigentlich sein letzter Arbeitstag. Der 68-Jährige wollte in Rente und zurück in die Niederlande gehen. Er wollte sich auf eine Abschiedsfeier vorbereiten und und danach erst einmal Urlaub machen.

Kein Bewerber entsprach den Anforderungen

Doch daraus wird wohl erst einmal nichts. Die Stelle des neuen EU-Datenschutzbeauftragten wurde vor knapp einem halben Jahr ausgeschrieben. Doch bis heute gibt es keinen Nachfolger. Woran liegt das?

"Das Auswahlgremium hat uns gesagt, dass keiner der Bewerber den Anforderungen entsprach. Deshalb war es unmöglich für uns, eine Liste mit passenden Kandidaten aufzustellen für den Rat und das Parlament", sagt der Sprecher des zuständigen EU-Verwaltungskommissars, Antonio Gravili.

Karin Bensch, K. Bensch,WDR Brüssel, 16.01.2014 07:17 Uhr

Ein politisches Manöver?

In der Jury sitzen unterschiedliche Leute: Vertreter von Kommission, Parlament und Rat, aber auch externe Experten.

Der grüne EU-Abgeordnete Jan-Philipp Albrecht, der sich mit Datenschutz- und Internetthemen beschäftigt, ist entsetzt: "Es ist absolut erschreckend, dass von, ich glaube, um die 40 Bewerbungen jetzt am Ende niemand wirklich geeignet ist und dem europäischen Parlament vorgeschlagen wird. Das gibt es nicht so häufig und wir können nur hoffen, dass das kein politisches Manöver ist."

Ein politisches Manöver? Es gibt Gerüchte, dies sei eine Verzögerungstaktik, mit der ein starker EU-Datenschützer verhindert werden sollte, um eine unkritische Figur auf den Posten zu setzen. Der Sprecher des EU-Verwaltungskommissars Gravili hält das für "totalen Quatsch".

"Schlecht für den europäischen Datenschutz"

Dass bislang noch kein neuer EU-Datenschützer in Sicht ist, ärgert Amtsinhaber Hustinx. Gerade jetzt, da das Thema so präsent ist - durch die NSA-Spähaffäre und durch Unternehmen, die massenhaft Benutzerdaten sammeln.

Die Besetzungsverzögerung findet Hustinx sehr problematisch: "Es deutet vieles darauf hin, dass wir möglicherweise eine lange Zeit der Unsicherheit vor uns haben. Und das ist schlecht für den europäischen Datenschutz."

Beworben hatten sich viele. Darunter Hustinx Vertreter, der bereits seit fünf Jahren in dem Bereich arbeitet. Darüber hinaus habe es erfahrene Kandidaten aus Österreich, Polen, Finnland und Ungarn gegeben. Mit der missglückten Nachfolgersuche hat sich die EU-Kommission wohl etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt.

Hustinx erklärt: "Die Frage, ob in der Sache schon das letzte Wort gesprochen ist, hängt jedenfalls nicht von der Kommission ab, sondern vom Rat und vom Parlament. Denn sie sind es, die den neuen Amtsinhaber ernennen."

Alles zurück auf Start

Nun wird der Bewerbungsmarathon von vorne losgehen. Das wird Monate dauern. Vielleicht bis zum Sommer, vielleicht aber auch bis zum Herbst. Und so lange wird der neue EU-Datenschützer der alte sein: der Niederländer Peter Hustinx. Er selbst ist gespannt darauf, wann sein letzter Arbeitstag in Brüssel sein wird.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 16. Januar 2014 um 05:44 Uhr im Deutschlandfunk.