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arte-Doku über Polen Czarnecki droht Abwahl wegen Nazivergleichs

Stand: 01.02.2018 21:24 Uhr

Die Hetztiraden des polnischen PiS-Politikers Czarnecki auf eine Dokumentation der ARD-Korrespondentin Dittert haben Folgen. Wegen seiner Nazivergleiche könnte er nun den Posten als Vizepräsident des EU-Parlaments verlieren.

Dem wegen Nazivergleichen und Beleidigungen umstrittenen polnischen Europapolitiker Ryszard Czarnecki droht die Abwahl von seinem Posten als Vizepräsident des EU-Parlaments. Die Fraktionschefs der größten Europaparteien machten den Weg für eine entsprechende Abstimmung am kommenden Mittwoch im Europaparlament frei. Sie stimmten mit 80 Prozent dafür, diese Abberufung ins Plenum zu bringen.

Czarnecki, Politiker der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit PiS, war mit Hetze gegen die liberalkonservative polnische Europaabgeordnete Roza von Thun in die Kritik geraten. Er hatte sie mit einem "Szmalcownik" verglichen. Der Begriff bezeichnet in Polen Nazi-Kollaborateure, die Juden an Nazis verrieten. Auslöser seiner Kritik war der Auftritt von Thuns in der ARTE-Reportage "Polen vor der Zerreißprobe - Eine Frau kämpft um ihr Land", in der sie vor den umstrittenen Reformen der PiS-Regierung und deren Gefahr für Polens Demokratie warnte.

"Man wollte ihn nicht mehr akzeptieren als Vizepräsident"

Um Czarnecki als Vizepräsident abzuwählen, ist eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen im Parlament nötig. Außerdem muss mindestens die Hälfte der Abgeordneten anwesend sein. Nach Angaben von ARD-Korrespondent Michael Grytz wird davon ausgegangen, dass diese Mehrheit zustande kommt.

"Man wollte ihn nicht mehr akzeptieren als Vizepräsident", so Grytz, "als denjenigen, der die Sitzungen dort leitet, weil die Entgleisungen so übel waren und er sich davon nicht distanziert hat." Doch auch wenn Czarnecki als Vizepräsident abberufen würde, bliebe er Mitglied des Parlaments.

Michael Grytz, ARD Brüssel, zu Ryszard Czarnecki

tagesschau24 17:00 Uhr

Im Dezember hatte arte die Dokumentation der ARD-Korrespondentin Annette Dittert gezeigt, die dafür Róża von Thun auf einigen ihrer Reisen durch den Wahlkreis Kleinpolen begleitete. Dittert, die von 2000 bis 2004 ARD-Korrespondentin in Polen war, löste mit ihrer Reportage einen Proteststurm aus. Sie und die Protagonistin wurden auf Twitter bedroht und beschimpft - insbesondere von Czarnecki. Thun hatte daraufhin angekündigt, rechtliche gegen dessen Nazivergleiche einzuleiten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. Februar 2018 um 17:00 Uhr.