Schwedens Ministerpräsident Löfven (Archiv)

Corona-Pandemie Löfven verteidigt "schwedischen Weg"

Stand: 18.04.2020 07:17 Uhr

Trotz vieler Corona-Toter in Schweden verteidigt Ministerpräsident Löfven den Sonderweg, den seine Regierung seit Beginn der Krise geht. Doch die Kritik wächst.

Seit Beginn der Coronakrise macht es der "schwedische Weg" den Leuten vergleichsweise leicht, mit der Bedrohung zu leben. Es gibt ja nur zwei Verbote: Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmern und Besuche in Altenwohnheimen. Der Rest ist Empfehlung: Risikogruppen meiden, möglichst von zu Hause arbeiten und zu Hause bleiben. Aber nur, wenn man sich wirklich krank fühlt.

Genau da setzen Virologen wie Lena Einhorn an, die mit 21 anderen Wissenschaftlern die Pandemiepolitik der rot-grünen Minderheitsregierung scharf kritisiert: "Vergleicht man die Aussagen der Weltgesundheitsorganisation, der amerikanischen und der europäischen Seuchenschutzorganisationen mit denen der schwedischen Gesundheitsbehörde, findet man total gegensätzliche Positionen in Bezug auf präsymptomatische oder asymptomatische Ansteckung. Unsere Gesundheitsbehörde hält sie für extrem begrenzt, im Gegensatz zu den anderen."

Ist der "schwedische Weg" lebensgefährlich?

Konkret geht es dabei um die Frage, ab wann ein Infizierter andere anstecken kann. Anders Tegnell, der schwedische Staatsepidemiologe, geht davon aus, dass das Risiko gering ist, solange sich keine Symptome zeigen. Darauf beruhe der "schwedische Weg", den Einhorn allerdings wörtlich für "lebensgefährlich" hält: "Wichtig ist, dass das für unsere Strategie keine so große Rolle spielt. Wir haben nie gesagt, dass wir alle Ansteckung verhindern wollen. Wir haben immer mit dem Ziel gearbeitet, so viele Ansteckung wie möglich zu vermeiden."

Setzt die Regierung auf Herdenimmunität?

Setzen Tegnell und die Regierung damit heimlich auf Herdenimmunität und nehmen die bei bisher nur gut 13.000 nachgewiesenen Fällen vergleichsweise hohe Zahl von etwa 1400 Toten in Kauf? Tegnell verneint das - und Ministerpräsident Stefan Löfven? Der verlässt sich weiter auf seinen Chef-Coronaberater. Manche sagen, er verstecke sich hinter ihm.

So wie jüngst bei einer Pressekonferenz, da ging es um internationale Kritik auch der nordischen Nachbarn am "schwedischen Weg": "Wir tun genau das, was wir tun können, was nötig und richtig ist: Wir arbeiten mit sozialer Distanzierung wie alle anderen auch, wir stärken das Gesundheitswesen mit Gesetzen, Empfehlungen der Behörden und anderen Ratschlägen. Also mit einem ein Mix aus unterschiedlichen Methoden."

Der Regierungschef mit besonderen Vollmachten

Aber wohl weiter ohne umfassende Einschränkungen, auch wenn Löfven ab sofort drei Monate befristete Sondervollmachten hat. Er könnte jederzeit ohne das vorherige Okay des Parlaments die Notbremse ziehen. Er könnte Verbote erlassen, Schließungen anordnen, so wie es kritische Wissenschaftler wie Lena Einhorn längst fordern.

Aber das wäre das Ende des "schwedischen Weges", den Löfven noch verteidigt: "Schweden steht nicht als ein Land da, das versagt hat. Ja, wir stehen vor einer Herausforderung, das tun alle. Die Zahlen der einzelnen Länder mögen sich unterscheiden, aber die abschließende Beurteilung dessen, was gemacht worden ist, muss warten, bis die Krise vorbei ist."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. April 2020 um 08:26 Uhr.