Wanderarbeiter mit Mundschutz stehen am Anand-Vihar-Busbahnhof in Dheli Schlange, um in ihre Heimatdörfer zurückzukehren.

Corona-Epidemie in Indien Industrie soll teils wieder hochfahren

Stand: 13.04.2020 13:52 Uhr

Strikte Ausgangssperre für 1,3 Milliarden Menschen: So versucht Indien, das Coronavirus in Schach zu halten. Die Folgen für die Ärmsten sind dramatisch. Nun sollen einige Industriezweige die Produktion wieder aufnehmen.

Während die Zahl der Corona-Fälle in Indien weiter steigt, will die Regierung offenbar die Industrie-Produktion in einigen Bereichen wieder in Gang bringen, um den wirtschaftlichen Schaden der Corona-Epidemie zu begrenzen. Wie das indische Fernsehen berichtete, soll in der Automobilindustrie und der Textilbranche sowie in Unternehmen, die für die Verteidigung des Landes von Bedeutung sind, die Arbeit wieder aufgenommen werden - zumindest teilweise und unter verschärften Hygiene-Vorschriften.

Vor allem mittelständische Unternehmen seien vom wirtschaftlichen Stillstand betroffen, sagt Rajeesh Chakrabarti, Professor an der Jindal Business School: "Die kleinen und mittleren Unternehmen sind das Rückgrat der Wirtschaft des Landes. Wenn die Regierung diese Unternehmen unterstützt, schafft das Beschäftigung für die Ärmsten der Armen und das ist im Moment das Wichtigste." Der Mittelstand benötige jede Form von Hilfe, von Steuererleichterungen bis zu Kreditgarantien der Regierung.

"Maßnahme um 15 Tage verlängern"

Die landesweite Ausgangssperre, die vor drei Wochen verhängt wurde, wird wohl verlängert. Premierminister Narendra Modi beriet am Wochenende mit den Regierungschefs der indischen Bundesstaaten über das weitere Vorgehen. Einige Bundesstaaten haben die Maßnahmen zur Begrenzung der Corona-Epidemie bereits bis Ende des Monats ausgedehnt.

"Der Premierminister hat uns angewiesen, die Ausgangssperre nicht leichtfertig zu beenden und uns empfohlen, die Maßnahme um weitere 15 Tage zu verlängern", sagte Bookanakere Siddalingappa Yediyurappa, der Regierungschef des Bundesstaates Karnataka. Danach könnte Indien schrittweise an eine Lockerung denken. Eine landesweite Regelung werde in den nächsten Tagen bekanntgegeben.

Appell an die Regierung

Besonders betroffen von der Ausgangssperre und dem landesweiten Stillstand der Wirtschaft in Indien, sind die Tagelöhner und Wanderarbeiter. Hunderttausende sind in den vergangenen Wochen aus den Millionenstädten in ihre Dörfer zurückgekehrt. Viele von ihnen zu Fuß, über Hunderte Kilometer, weil der Zugverkehr und die Busverbindungen infolge der Ausgangssperre eingestellt worden waren.

Viele hätten Angst, dass sie vor Hunger sterben und nicht wegen des Coronavirus, sagt Rajesh Kumar, der Chef einer Nichtregierungsorganisation, die sich um die Ärmsten der Armen kümmert: "Solange die Arbeit nicht wieder aufgenommen wird, sind diese Arbeiter am Schlimmsten dran. Und wenn es jetzt schon Gerüchte gibt, dass die Ausgangssperre vielleicht bis Ende Mai dauert, dann muss die Regierung dringend etwas tun", sagt er. Sie müsse für Essen sorgen, für die Gesundheitsversorgung und einige andere Bedürfnisse der Menschen.

9100 Corona-Fälle

Unter den Arbeitern, die in Delhi geblieben sind, ist Karan Kumar. Er wartet auf die Auszahlung seines ausstehenden Lohnes. Doch seine Familie dränge ihn zur Rückkehr nach Hause, klagt er. "Meine Frau sagt, lass alles liegen und komm sofort nach Hause. Lass das Geld und komm zu Deiner Familie. Egal ob wir hungrig oder durstig sind, wenigstens sind wir dann zusammen, auch wenn wir zusammen sterben müssen."

Auch der Bauarbeiter Paras Nath steckt in Delhi fest, obwohl er zuhause gebraucht wird. "Jetzt beginnt zuhause die Ernte und wir sind ja nur vorübergehend hierhergekommen, um etwas Geld dazu zu verdienen. Wegen der Ausgangssperre können wir jetzt nicht zurück und wenn wir unsere Felder zuhause nicht abernten können, haben unsere Familien nichts zu essen."

Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle in Indien ist inzwischen mehr als 9100 gestiegen, mehr als 300 Menschen sind bereits infolge einer Covid-19-Erkrankung gestorben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. April 2020 um 12:54 Uhr.