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Hintergrund Könnte Großbritannien den Botschaftsstatus aufheben?

Stand: 16.08.2012 15:23 Uhr

Großbritannien hat angedeutet, notfalls den Status der ecuadorianischen Botschaft aufzuheben, um WikiLeaks-Gründer Assange ausliefern zu können. Dabei beruft sich die Regierung auf ein Gesetz aus dem Jahr 1987. Das war allerdings im Zusammenhang mit einem völlig anderen Fall erlassen worden.

Die britische Regierung hat Ecuador gedroht, WikiLeaks-Gründer Julian Assange notfalls mit Gewalt aus der Botschaft des Landes in London zu holen. Als rechtliche Grundlage dafür führt das britische Außenministerium den "Diplomatic and Consular Premises Act" von 1987 ins Feld.

Nach internationalem Recht genießen diplomatische Vertretungen besondere völkerrechtliche Schutzrechte. Ein Betreten des Geländes ist nur mit Zustimmung des Missionschefs möglich - das gleiche gilt auch für Durchsuchungen oder Festnahmen auf dem Gelände. Die Regelung im britischen Konsulargesetz sieht vor, dass der diplomatische Status eines Gebäudes aufgehoben werden kann, wenn es nicht mehr ausschließlich als Botschaft oder Konsulat genutzt wird.

Gesetz im Zusammenhang mit Vorfall vor Libyens Botschaft erlassen

Das Gesetz wurde 1987 allerdings vor einem ganz anderen Hintergrund erlassen: Nach der Erschießung einer britischen Polizistin während einer Demonstration von Gaddafi-Anhängern vor der libyschen Botschaft in London hatten Beamte das Gebäude tagelang umstellt. Anschließend wies Großbritannien alle Diplomaten aus und beendete die diplomatischen Beziehungen. Es musste eine Regelung her, was nun mit den aufgelassenen Liegenschaften passieren sollte. Ferner sollten terroristische Machenschaften in fremden Botschaften unterbunden werden können, indem britisches Recht angewandt wird.

Rechtsexperten sind skeptisch

Die vom britischen Außenministerium verbreitete Annahme, das Gesetz könne auch im Fall Assange die Aufhebung des exterritorialen Status erlauben, halten Rechtsexperten für gewagt. Hier ist weder ein Verlassen der Botschaft durch das Gastland gegeben, noch kann eine Terrorismusgefahr angenommen werden.

Vor allem steht die Ankündigung im rechtlichen Widerspruch zur Wiener Konvention von 1961. Diese regelt, dass diplomatische Vertretungen im Ausland für das Gastgeberland weitgehend unantastbar sind. In Artikel 22 der Konvention heißt es: "Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Vertreter des Empfangsstaats dürfen sie nur mit Zustimmung des Missionschefs betreten. Der Empfangsstaat hat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird. Die Räumlichkeiten der Mission, ihre Einrichtung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel der Mission genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung."

Diplomaten befürchten zudem, dass mit einem Eindringen in die ecuadorianische Botschaft ein schlechtes Vorbild für andere Staaten geschaffen würde - bis hin zur Frage, ob britische Botschafter in bestimmten Ländern dann überhaupt noch sicher seien.