EU-Staaten reagieren auf internationale Kritik Kurskorrektur bei Förderung von Biosprit

Stand: 05.07.2008 22:51 Uhr

Das europäische Ziel zur Förderung von Biotreibstoffen gerät ins Wanken. Die EU-Energieminister wollen nun auch verstärkt auf Alternativen wie Elektroautos setzen. Sie reagieren damit erstmals auf Kritik, wonach Biosprit eine Mitschuld an der Lebensmittelkrise trägt.

Angesichts der Rekordpreise für Grundnahrungsmittel deutet sich ein Kurswechsel bei der umstrittenen Förderung von Biokraftstoffen in der Europäischen Union an. Ziel war bislang, den Biosprit-Anteil im Verkehrssektor bis zum Jahr 2020 EU-weit auf zehn Prozent zu erhöhen. Bei einem informellen Treffen der EU-Energieminister in Paris zeichnete sich nun eine entsprechende Änderung ab.

Die EU-Staaten wollen die Zehn-Prozent-Marke nun durch eine Vielfalt erneuerbarer Energien erreichen. Das sagte der amtierende Ratsvorsitzende, der französische Umweltminister Jean-Louis Borloo, zum Abschluss der dreitägigen Beratungen über das Klimaschutzpaket der EU. Dafür müssten nach seinen Angaben Elektro- oder Wasserstoffautos bis 2020 wettbewerbsfähig werden.

Biosprit gilt als Preistreiber

Die Verwendung von Pflanzen wie Mais und Weizen zur Herstellung von Biokraftstoffen ist heftig umstritten, da sie für einen großen Teil der Preissteigerungen von Nahrungsmitteln verantwortlich gemacht wird. Unter anderem hatte eine aktuelle Studie der Weltbank ergeben, dass 75 Prozent der Preissteigerungen auf die Produktion von Biodiesel zurückzuführen sei. Die EU-Kommission wies solche Angaben bisher stets zurück. Unbestritten ist aber, dass die internationalen Weizen- und Maisvorräte auf einem historisch niedrigen Stand sind, während zunehmend Flächen für den Anbau von Zuckerrohr, Mais oder Raps zur Treibstoffproduktion genutzt werden.

Richtlinie für Energieverbrauch vorgeschlagen

Zu den Klimazielen zählt auch eine 20-Prozent-Absenkung beim Ausstoß des Treibhausgases CO2 sowie die Erhöhung der Energieeffizienz um 20 Prozent. Es gebe Überlegungen, wie mehr Effizienz im Energieverbrauch rechtlich verpflichtend gemacht werden könne, sagte Borloo. So schlug Energiekommissar Andris Piebalgs vor, die Effizienzziele genauso verpflichtend zu machen wie beispielsweise die europäischen Defizitregeln. Nach diesen droht einem Land, dessen Staatshaushalt eine zu hohe Neuverschuldung ausweist, ein Strafverfahren der EU-Kommission.

Piebalgs rechnete vor, mit einer Richtlinie, die den Energieverbrauch bis 2020 verbindlich um ein Fünftel senken würde, wären bei einem Ölpreis von 60 Dollar je Fass Einsparungen von 100 Milliarden Euro im Jahr möglich. Der CO2-Ausstoß würde um 780 Millionen Tonnen verringert.

EU steht mit Klimapaket unter Druck

Frankreich hat bis Ende des Jahres turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft inne. Bis dahin will die EU ihr Klima- und Energiepaket unter Dach und Fach bringen, um mit den Verhandlungen der internationalen Staatengemeinschaft über ein neues Welt-Klima-Abkommen Schritt zu halten. Die Mitgliedstaaten streiten jedoch unter anderem um die Lastenverteilung.