Das EU-Atom-Monopoly Renaissance der Kernenergie?

Stand: 06.02.2009 20:49 Uhr

Ist Atomkraft wieder in? Forderungen nach einer verstärkten Nutzung der Kernenergie werden in etlichen EU-Ländern laut. Doch das bedeutet noch längst nicht, dass deshalb auch neue Atommeiler gebaut werden.

Von Peter Heilbrunner, ARD-Hörfunkstudio Brüssel

In der Atomdebatte geht es zu wie beim Monopoly: Zurück auf Los. Da kassiert scheinbar ein Land nach dem anderen den Ausstiegsbeschluss, zuletzt nach Italien nun Schweden. Die Befürworter sehen die nukleare Energiegewinnung im Aufwind, die Gegner den atomaren Super-Gau nahen.

Angelika Niebler, CSU-Abgeordnete im Europaparlament und dort Vorsitzende des einflussreichen Industrieausschusses, macht sich nicht erst seit der jüngsten Gaskrise für mehr Atomstrom stark. Sie glaubt, dass die Atomenergie "eine Phase der Erneuerung" erlebt.

Und tatsächlich plant halb Europa neue Kernkraftwerke. Nur tatsächlich neu gebaut werden gerade einmal zwei. Der Rest sind Lippenbekenntnisse. Am weitesten fortgeschritten ist der Bau des Meilers im Olkiluoto. Dort, in der Tundra Finnlands, entsteht ein Reaktor der dritten Generation, der wesentlich sicherer sein soll als seine Vorgänger. Das Problem in Olkiluoto: Eigentlich sollte das Atomkraftwerk im kommenden Jahr ans Netz gehen. Jetzt wird der Druckwasserreaktor nicht vor 2012 Strom liefern. Und die Kosten liegen schon heute mindestens um die Hälfte höher als ursprünglich veranschlagt. Von fünf Milliarden Euro ist mittlerweile die Rede.

Rebecca Harms von den Grünen im Europaparlament glaubt deshalb nicht, dass die Atomkraft eine wirkliche Renaissance erleben wird. Dazu sei sie schlicht und ergreifend zu teuer. Nur wenn die EU und die Mitgliedsstaaten bereit seien, "gigantische Summen an öffentlichen Geldern in diesen Anlagen zu verbauen", habe die Atomenergie eine Chance, gibt sich die Grünen-Politikerin überzeugt.

Nur alte Reaktoren wirtschaftlich

Nicht zuletzt wegen der hohen Kosten haben die Regierungen in der Vergangenheit vor Neubauten zurückgeschreckt. Selbst im atomaren Wunderland Frankreich ist seit Jahrzehnten kein neues Atomkraftwerk mehr ans Netz gegangen. Die meisten Europäer setzen deshalb auch nicht auf teure Neubauvorhaben, sondern wollen die Laufzeit der alten Meiler verlängern - denn nur der Atomstrom aus bereits lange bestehenden Reaktoren ist wirklich günstig.

Selbst Schweden, das mit seinem Ausstieg vom Ausstieg die Atomdebatte wieder neu befeuert hat, will nicht massenhaft neue Kraftwerke bauen. Aus Sicherheitsgründen sollen - wenn es denn so kommt - alte Kernkraftwerke ersetzt werden. Eine echte Renaissance sieht anders aus.

Albrecht Breitschuh, A. Breitschuh, ARD Stockholm, 06.02.2009 20:05 Uhr

Keine Lösung für Atommüll-Frage

Vor allem aber bleibt das größte Problem weiterhin ungelöst - eine sichere Endlagerstätte für den strahlenden Abfall zu finden. Das werde noch einige Zeit dauern, meint selbst der oberste Befürworter der Kernkraft, EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Und Brüssel wolle da auch keinen Zeitplan vorgeben, sagt er.

Das fehlende Endlager bleibt die Achillesferse der Kernenergienutzung. In der ganzen derzeitigen Atomeuphorie warnt Kommissar Piebalgs deshalb davor, eines nicht  zu vergessen: Auch in die Suche nach einem geeigneten Endlager muss Geld gesteckt werden.