Millionen Medikamentenfälschungen im Umlauf Gefahr durch gefälschte Tabletten wächst

Stand: 07.12.2009 05:10 Uhr

EU-Industriekommissar Verheugen spricht von versuchtem Massenmord: In der EU gefährden gefälschte Medikamente die Gesundheit vieler Patienten. Die Zahlen steigen rasant. Zollbehörden stellten in zwei Monaten 34 Millionen gefälschte Arzneien sicher. Dies übertraf alle Befürchtungen der EU.

Die EU-Kommission registriert einen drastischen Anstieg von Medikamentenfälschungen in der Europäischen Union. "Die Zahl der gefälschten Arzneimittel in Europa, die beim Patienten landen, steigt immer mehr. Die EU-Kommission ist darüber äußerst besorgt", sagte EU-Industriekommissar Günter Verheugen der Zeitung "Die Welt". Bei Kontrollen in allen 27 Mitgliedsländern stellten die Zollbehörden laut seinen Angaben innerhalb von zwei Monaten 34 Millionen gefälschte Tabletten sicher. "Das hat alle Befürchtungen übertroffen", sagte Verheugen.

Verpackte Tabletten

34 Millionen gefälschte Tabletten stellten EU-Zollbeamte in zwei Monaten sicher.

Die Fälscher konzentrieren sich demnach auf Antibiotika, Arzneimittel gegen Krebs und Malaria, auf Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels sowie auf Schmerzmittel und das Potenzförderungsmittel Viagra. Verheugen wertete die Fälschung von Arzneimitteln als Kapitalverbrechen und als "versuchten Massenmord". Selbst wenn eine Arznei nur unwirksame Stoffe enthalte, "kann es dazu führen, dass Menschen daran sterben, weil sie glauben, ihre Krankheit mit einem wirksamen Mittel zu behandeln", erklärte der EU-Kommissar.

Zitat

"Jede Fälschung von Medikamenten ist ein versuchter Massenmord."

Verheugen stellt Gegenmaßnahmen in Aussicht

Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die EU 2010 auf Maßnahmen gegen die Fälschung von Arzneimitteln verständigen werde. Dazu gehöre, "dass der Weg einer Arznei von der Herstellung bis zum Verkauf minutiös zurückverfolgt werden kann. Dazu wird es Sicherheitszeichen auf den Medikamentenpackungen geben, darunter einen Barcode. Es wird auch ein Siegel geben, damit klar ist, ob und von wem die Packung gegebenenfalls geöffnet wurde, um Manipulationen der Medikamente zu verhindern", sagte Verheugen.

Der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen (Archivbild von 2009)

Der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen (Archivbild von 2009)

Bereits in den vergangenen Jahren hatten die europäischen EU-Zollbehörden einen starken Anstieg der Einfuhr gefälschter Medikamente registriert. 2008 hatten die Beamten bei ihren Kontrollen mehr als doppelt so viele gefälschte Arzneimittel entdeckt wie 2007. Mittlerweile handelt es sich bei Produktfälschungen um die drittgrößte Warengruppe in der Europäischen Union.