Zwei grüne Vögel sitzen auf einem Ast.

Sie machen Lärm, sorgen für Dreck und fressen den Bauern das Obst von den Bäumen: grüne Sittiche, die sich immer weiter in Rhein-Main ausbreiten. Landwirte wünschen sich, dass die Vögel zurückgedrängt werden - doch dagegen spricht der Artenschutz.

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Sittiche aus Wiesbaden breiten sich im Rhein-Main-Gebiet aus

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Sie gelten mittlerweile als heimliches Wahrzeichen der Stadt Wiesbaden: Tausende giftgrün gefärbte tropische Papageien, die in den Bäumen der Landeshauptstadt zu beobachten sind. Es handelt sich um Halsband- und Alexandersittiche, die aus Afrika und Asien stammen. Sie gibt es hier seit den 1970er Jahren - die ersten von ihnen flüchteten aus Zoos. Manche Stadtbewohnerinnen und -bewohner ärgern sich schon länger über die Exoten.

Die Vögel kreischen laut, verschmutzen öffentliche Plätze mit ihrem Kot - und verursachen auch in der Landwirtschaft mehr und mehr Probleme. Zum Beispiel bei Ralf Schaab. Er betreibt in Wiesbaden-Erbenheim einen Bauernhof, zu dem mehrere tausend Obstbäume gehören. Immer wieder ärgert er sich über Schäden an seiner Ernte durch die Sittiche.

Vogelscheuchen helfen nicht

"Die sind hungrig und lieben unser schönes Obst", sagt Schaab. "Wenn sie in Schwärmen auftreten, dann picken sie einen ganzen Kirschbaum leer." Mit Vogelscheuchen oder anderen Hilfsmitteln komme man dagegen nicht an. Genau beziffern könne er die Schäden allerdings nicht.

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Schaab ist der Meinung, das Problem mit den Sittichen auf Bauernhöfen rund um Wiesbaden sei in den vergangenen Jahren größer geworden. "Es trifft mal den einen oder den anderen, je nachdem, wo die Schwärme hinkommen und ihr Unheil anrichten", berichtet Schaab.

Vögel breiten sich im Umland aus

Dass die Vögel häufiger auch im ländlichen Raum gesichtet werden, bestätigt Oliver Weirich, Ornithologe und Beauftragter der Vogelschutzwarte Hessen für Wiesbaden. In Hessen gibt es nach seinen Informationen rund 6.000 frei lebende Sittiche - 4.000 davon in Wiesbaden. In der Wiesbadener Innenstadt könne die Population offenbar nicht mehr weiterwachsen. "Die Tendenz geht in die Breite: Die Vögel gehen in den Rheingau, nach Rheinhessen und in Richtung Frankfurt."

Die erste offizielle Sichtung eines Halsbandsittichs in Frankfurt meldete der Nabu in Frankfurt im Jahr 2012. Mittlerweile sind die Sittiche unter anderem häufig in den Stadtteilen Heddernheim und Rödelheim zu sehen.

Ein Mann in grauem Pullover steht zwischen Obstbäumen.

Landwirt Schaab wünscht sich, dass die Schäden durch die eingewanderten Vögel systematisch erfasst werden - und dann auch etwas gegen sie getan wird. "Es muss nicht gleich der Abschuss von lebenden Tieren sein." Aber man könne zumindest die Population reduzieren - etwa indem man wie bei Stadttauben in Nestern die Eier durch Attrappen ersetzt.

Sittiche stehen unter Artenschutz

Doch gegen die Sittiche vorzugehen, ist aktuell unmöglich. "Sie sind nicht als invasiv eingestuft", erklärt Gudrun Appel von der Unteren Naturschutzbehörde der Stadt Wiesbaden. Deshalb stehen sie nach dem Bundesnaturschutzgesetz unter Artenschutz. "Demnach darf man die Vögel nicht beunruhigen, ihre Schlafstätte nicht zerstören und sie auch nicht ohne besonderen Grund töten."

Eine Frau in grünem Mantel steht vor einem Bahnhofsgebäude.

Halsband- und Alexandersittiche gefährdeten die heimischen Vogelarten nicht, erklärt dazu das hessische Umweltministerium. Es gebe zwar einzelne Fälle, in denen die Sittiche Brutplätze heimischer Arten besetzen. Allerdings: "Es wurden auch Grünspechte, Dohlen, Stare und sogar Blaumeisen bei der erfolgreichen Verteidigung ihrer Nisthöhlen beobachtet". Und auch zu Schäden im Obstbau durch die Sittiche lägen bislang keine Meldungen vor, heißt es weiter vom Ministerium.

Stadt will "gute Lösungen im Einklang mit den Tieren"

Sie könne verstehen, dass sich Menschen von den Vögeln gestört fühlen, sagt Appel. Die Stadt tue - im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten - viel, um die Belästigung durch die Sittiche so gering wie möglich zu halten. Zum Beispiel würden die Plätze, an denen die Vögel übernachten, stärker gereinigt. Dabei geht es vor allem um den Bahnhofsplatz und den Kaiser-Friedrich-Platz. "Wir versuchen im Einklang mit den Tieren gute Lösungen zu finden", betont Appel.

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Landwirt klagt: "Schwärme picken Kirschbäume leer"

Zwei grüne Vögel sitzen auf einem Ast.
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Falls es aber "ernsthafte Schäden" am Ökosystem gebe, könnte die Art durchaus als invasiv eingestuft werden, so Appel. Genau wie Obstbauer Schaab hielte sie es für sinnvoll, die Schäden in der Landwirtschaft wissenschaftlich zu erfassen und dann gemeinsam mit dem Umweltministerium und dem Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie über Lösungsansätze zu beraten.

Vogelschützer: "Die Tiere können nichts dafür"

Auch der Wiesbadener Vogelschutzbeauftragte Oliver Weirich sieht die exotischen Vögel mit gemischten Gefühlen: "Ich würde mir wünschen, dass wir keine gebietsfremden Arten in andere Länder verschleppen - das ist ein Grund für das Aussterben von Arten", erklärt der Biologe. Er könne auch gut verstehen, dass sich viele Menschen von den Sittichen gestört fühlen. Gleichzeitig ist es dem Vogelschützer wichtig zu betonen, "dass die Tiere nichts dafür können, dass wir sie hierher gebracht haben."

Ein Mann steht in einem Park und schaut mit einem Fernglas nach oben.

Weirich appelliert an die Menschen, sich mit den Sittichen zu arrangieren - und auch das Positive an den exotischen Vögeln zu sehen: "Man kann sehen, wie sie rasant durch Häuserschluchten fliegen, wie geschickt sie klettern - das sind tolle, faszinierende Vögel!"

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